14.09.2020 | Milena Videnova, Managing Director Axpo Bulgaria, ermutigt Frauen dazu den Schritt in die Energiebranche zu wagen
Anfang August 2020 ist Milena Videnova als Managing Director von Axpo Bulgaria EAD zum Axpo Konzern gestossen. Sie ist in der internationalen Energiebranche eine der wenigen Frauen in einer Führungsposition. Wir haben Milena gefragt, warum sie in die Energiebranche gewechselt hat, was für sie Leadership bedeutet, wie die Branche für Frauen attraktiver werden kann – und wie Gamification im Bereich Employer Branding eine Schlüsselrolle einnehmen könnte.
Milena Videnova: In der Finanzindustrie gibt es viele Überschneidungen mit der Energiebranche, insbesondere im Bereich des Energiehandels. Auch Grossbanken sind in diesem Bereich aktiv. Der grösste Unterschied zur Finanzbranche besteht aber darin, dass es in der Energiebranche nicht nur den Energiehandel gibt, sondern auch die Produktion und die physische Lieferung von Strom und Gas. Das macht das Ganze noch wesentlich interessanter.
Ich bin sehr beeindruckt von der Grösse, dem Wachstum, der Schnelligkeit und der Ausgereiftheit des internationalen Energiehandelsgeschäfts bei Axpo. Besonders spannend finde ich auch die Innovationen des Konzerns im Bereich Automatisierung und Digitalisierung, in der Produktion und im Asset Management der erneuerbaren Energien und bei den Energiespeicherlösungen. Diese Bereiche bieten für die Zukunft ein grosses Wachstumspotenzial.
«Axpo ist eine attraktive Arbeitgeberin»
Der Axpo Konzern als Ganzes ist ein attraktiver Arbeitgeber – und das gilt auch für Axpo Bulgarien. Unser Geschäft hier steht für Kompetenz und Erfahrung im Energiebereich, für Zuverlässigkeit, für einen attraktiven Arbeitsplatz und für Innovationen. Das möchte ich innerhalb des bulgarischen Marktes vermitteln, insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung des Energiegrosshandels, aber auch im Bereich Employer Branding und wenn es darum geht, Talente zu finden und an uns zu binden.
Gemeinsam mit meinem Team in Bulgarien und in Zusammenarbeit mit dem Axpo Konzern werde ich für nachhaltiges Wachstum sorgen, den kulturellen Wandel vorantreiben und stark auf Technologie und Innovation setzen. Für mich hat es oberste Priorität, dass wir das Team von Axpo Bulgaria zusammenhalten, vergrössern und weiterentwickeln. Zudem möchte ich einen reibungslosen Betrieb sicherstellen, kontinuierlich unsere Prozesse verbessern und das Geschäft auf dem bulgarischen Markt weiterentwickeln.
«Ich möchte eine 'can do'-Haltung fördern»
Ich glaube fest an eine positive «Performance Leadership» und treibe diese Kultur aktiv voran. Das bedeutet: klare Ziele und Erwartungen zu setzen, Erfolge zu messen und zu feiern, Agilität anzuerkennen, vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, in das Team zu investieren und es weiterzuentwickeln, neue Talente an Bord zu holen und zu halten, durch Leidenschaft, positive Energie und Chancen zu motivieren, eine positive «Can do»-Haltung und Kreativität zu fördern. Es heisst aber auch, aus Herausforderungen und Misserfolgen zu lernen und ein effektives Krisen- und Kostenmanagement zu betreiben.
Die grössten Herausforderungen liegen in der Regel in unserem Inneren. Es ist psychologisch erwiesen, dass eine weibliche Führungskraft primär nach ihren Ergebnissen und Leistungen beurteilt wird, während man bei einem Mann in einer Führungsrolle darauf schaut, wie gross sein Potenzial ist. Das gilt aber nicht nur für die Energiebranche, sondern überall. Ich möchte deshalb alle jungen Kolleginnen dazu ermutigen, mutig zu sein und ihren Träumen zu folgen. Es ist definitiv möglich, beides zu haben – eine Familie und eine Karriere. In der Finanzbranche, wo ich den grössten Teil meines Berufslebens verbracht habe, sieht man ja, was sich getan hat: Vor 20 Jahren gab es da nur sehr wenige Frauen in Spitzenpositionen, aber in den vergangenen fünf Jahren ist der Anteil kontinuierlich gestiegen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir auch in der Energiebranche mehr Frauen in Führungspositionen sehen werden.
«Künstliche Quoten sind nicht nötig»
Ja, absolut, und ich bin eines der Beispiele dafür. Ich habe eine Tochter – und habe Familie und Karriere immer unter einen Hut gebracht. Es gab bei Axpo ein sehr komplexes Auswahlverfahren und einen harten Wettbewerb um die Position als Managing Director von Axpo Bulgaria. Ich bin sicher, dass ich am Ende ausgewählt wurde, weil ich die beste Kandidatin war – und nicht, weil ich eine Frau bin. In meinen über 17 Jahren als Führungskraft habe ich nie eine Person aufgrund ihres Geschlechts angestellt. Es ging immer darum, die jeweilige Position mit dem Bewerber oder der Bewerberin zu besetzen, die am besten dafür geeignet waren. Jeder Arbeitgeber in der Energiebranche sollte ein auf Gleichberechtigung basierendes professionelles Umfeld schaffen und sicherstellen, dass es keine unbewussten Vorurteile gibt. Die kürzlich kommunizierten Diversity-Initiativen von Axpo haben mich sehr inspiriert. Unsere Führungsrolle beinhaltet es auch, das richtige Unternehmensumfeld zu schaffen. Ich glaube an die freie Marktwirtschaft. Darum besteht aus meiner Sicht auch keine Notwendigkeit, künstliche Quoten festzulegen. Es müssen aber nach wie vor Massnahmen und Aktionspläne geschaffen und umgesetzt werden, um gleiche Zugangs- und Entwicklungschancen zu gewährleisten.
Um mehr junge Frauen für ein naturwissenschaftliches, technisches oder mathematisches Studium zu begeistern, würde ich eine gut abgestimmte Kommunikationsstrategie wählen, entsprechende Aktionspläne entwickeln und stark auf Gamification setzen. Wenn man Mathematik, Physik und das Programmieren auf spielerische Art und mit Spass kombiniert lernen kann, werden diese Fächer deutlich attraktiver.
Es gibt verschiedene psychologische Studien, die besagen, dass Frauen risikoscheuer und weniger selbstbewusst sind. Demnach entscheiden sie sich bei der Berufswahl oder wenn es darum geht, eine Führungsposition anzustreben, erst dann dafür, wenn sie zu 90% sicher sind, dass sie es schaffen werden. Männer hingegen werfen ihren Hut schon in den Ring, wenn sie sich nur zu 50% sicher sind. In Zusammenarbeit mit Universitäten könnte Axpo eine «Energy Innovation Academy» für junge Frauen an Gymnasien oder Hochschulen auf die Beine stellen. Eine weitere Idee wäre, Hackathons für Frauen zu organisieren oder einen speziellen Innovationspreis für Start-ups aus dem Energiebereich ins Leben zu rufen, die von Frauen gegründet wurden.
Milena Videnova ist 47 Jahre alt und verfügt über mehr als 20 Jahre Management-Erfahrung in der Banken-, Versicherungs- und Finanzbranche. Einen grossen Teil ihrer Karriere verbrachte sie bei der deutschen HypoVereinsbank, der grössten bulgarischen Bank UniCredit Bulbank und der österreichischen HYPO NOE Gruppe Bank. In den vergangenen Jahren arbeitete sie ausserdem als Country Manager der bulgarischen Niederlassung des Kreditversicherers Coface SA und als Geschäftsführerin des Aufzugsherstellers Kone. Darüber hinaus hat sie ein eigenes Versicherungsmaklerunternehmen aufgebaut. Seit Anfang August 2020 ist Milena Videnova, die über einen Master-Abschluss in internationalen Wirtschaftsbeziehungen von der Universität für National- und Weltwirtschaft in Sofia verfügt, als Managing Director bei Axpo Bulgaria EAD tätig.
Axpo Bulgaria wurde im Jahr 2006 als Niederlassung der Axpo Gruppe unter dem Namen EGL Bulgaria gegründet. Im Mittelpunkt der kommerziellen Aktivitäten in Bulgarien stand zunächst der Stromhandel, ehe mit den neu entstehenden Energiemärkten in Südosteuropa mittlerweile auch das Gashandelsgeschäft in den Fokus gerückt ist. 2011 wurde unter dem Dach von Axpo Bulgaria ein Service Center gegründet, welches Operations Services und Back-Office-Dienstleistungen für die gesamte Axpo Gruppe erbringt. Das in Sofia ansässige Team besteht aus 66 Mitarbeitenden.