17.03.2021 | Energieperspektiven 2050+: Gedanken aus Sicht eines Energieversorgers
Die Schweiz soll bis 2050 klimaneutral werden. So lautet das ambitionierte Ziel des Bundesrates. Wie dieses Netto-Null-Ziel technisch erreicht werden könnte, umschreiben die Energieperspektiven 2050+ des Bundesamtes für Energie. Diese sind für Axpo «als Konzept ein guter erster Schritt und eine Diskussionsgrundlage für die weitere Entwicklung und Vertiefung», sagt Nick Zepf, Head Corporate Development Axpo. Dazu brauche es jetzt einen breiten Dialog zwischen Bund, Wissenschaft, Gesellschaft, Umweltverbänden und Energieunternehmen.
Der Klimawandel ist derzeit die zentrale Herausforderung der Menschheit. Deshalb braucht es weltweit eine Energiewende weg von fossilen Energieträgern. Dazu will auch Axpo beitragen und in der Schweiz eine führende Rolle beim Übergang zu einer CO2-freien Energieversorgung spielen. «Klimaneutralität ist das richtige, aber äusserst anspruchsvolle Ziel», kommentiert Nick Zepf, Head Corporate Development Axpo.
Mögliche Wege in eine erneuerbare und klimaneutrale Energiezukunft in der Schweiz zeigen die vom Bundesamt für Energie (BFE) Ende November präsentierten Energieperspektiven 2050+ (EP2050+) auf. Anhand von Szenarien beschreiben die Energieperspektiven 2050+ mögliche Technologie-Wege, welche die Schweiz dabei gehen könnte. Allen Wegen gemeinsam ist, dass die inländische erneuerbare Energieproduktion bis 2050 stark ausgebaut wird.
Zepf hat sich diese Szenarien aus Sicht des Energieversorgers Axpo angeschaut: «Die EP 2050+ sind ein Konzept und damit ein guter erster Schritt in Richtung einer klimaneutralen Schweiz», sagt er. Sie enthielten Berechnungen und Darstellungen wie die Klimaneutralität technisch erreicht werden kann – «zeigen aber nicht, welche Massnahmen und Gesetze ergriffen werden müssen, um das ambitionierte Ziel 2050 wirklich zu erreichen».
Dieses Konzept gelte es nun in einem ersten Schritt zu validieren. Denn es gebe in den EP2050+ Punkte, die von zentraler Bedeutung sind und die vertieft betrachtet werden müssen. Dabei geht es laut Zepf unter anderem um Folgendes:
Zepf empfiehlt deshalb eine vertiefte Auseinandersetzung mit den EP2050+. So müssten etwa Überlegungen einfliessen, wie die Schweiz eine zwei Wochen anhaltende Dunkelflaute (kaum PV-Leistung/kein Wind) verkraften könne. Auch das Thema Sommer-Winter-Umlagerung unter Berücksichtigung der Kosten und einer Speicherlösung müsse genauer angeschaut werden.
Zentral für Zepf ist es deshalb jetzt einen Dialog anzustossen. «Nur eine sachliche und breit angelegte Diskussion über die Energiezukunft der Schweiz kann die zentralen Fragen lösen. Er plädiert deshalb für regelmässige Gespräche zwischen Bund, Wissenschaft, Umweltverbänden, Gesellschaft und Wirtschaft/Energieversorgern.
«Ziel dieses Dialogs: Aus den EP2050+ einen konkreten und machbaren Umsetzungsplan zu erarbeiten und die gesellschaftliche Akzeptanz der damit verbundenen Massnahmen zu erreichen. Im Sommer 2021 wir der Bundesrat die Botschaft zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien verabschieden. Diese Revision birgt viele Chancen, um die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und die Energiezukunft nachhaltig vor zu spuren. Zepf: «Es gilt den bestmöglichen Weg für eine Energiewende hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft zu finden. Ein Weg, der breit akzeptiert und bezahlbar ist sowie die Versorgungssicherheit der Schweiz garantiert. Hier will sich Axpo mit ihrem Wissen einbringen.»
In der Schweiz ist der Stromverbrauch im Winterhalbjahr höher als im Sommerhalbjahr (55 % vs. 45 %) – die Schweizer Stromproduktion ist im Winterhalbjahr aber tiefer als im Sommerhalbjahr (45% vs. 55 %). Dieses Missverhältnis wird in Zukunft noch zunehmen – einerseits durch den Ausstieg aus der Kernenergie und den verstärkten Zubau von Solarstrom.
Stellt sich also die Frage, wie man den im Sommer zu viel produzierten Strom in den Winter umlagern kann. Pumpspeicherkraftwerke, deren Leistung gemäss EP2050+ gegenüber 2019 verdoppelt werden sollen, eignen sich dafür aber nicht, sondern nur für eine Tag/Nacht, respektive /Wochen/Wochend-Verschiebung. Es bräuchte deshalb zusätzliche Speicherkraftwerke oder der Strom muss in Grossbatterien oder mittels Power-Gas/H2-Power-Technologien gespeichert werden. Beide Verfahren sind aber derzeit noch sehr teuer.
Bislang hat die Schweiz ihr Stromdefizit im Winter durch Importe ausgeglichen. Ob dies angesichts des europaweiten Umbaus der Stromversorgung weg von Kohle- und Kernenergie auch in 10 oder 20 Jahren noch möglich sein wird, ist die Frage.