14.08.2024 | Monatliches Update europäische Energiemärkte, August 2024
Die Witterungsverhältnisse im Juli blieben die treibende Kraft an den europäischen und globalen Energiemärkten. Südosteuropa verbuchte ungewöhnlich hohe Temperaturen, die einen erhöhten Kühlbedarf nach sich zogen. Zusammen mit geringen Niederschlägen sorgte dies dafür, dass die Strompreise in einigen Regionen auf über 500 EUR/MWh stiegen. Auch in Nordostasien liessen hohe Temperaturen die Energienachfrage steigen. Im Gegenzug kletterten die Kohlepreise infolge der Schlüsselrolle Chinas an den globalen Kohlemärkten. Auf der Angebotsseite verursachte ein Hurrikan in den USA Verwerfungen an den LNG-Märkten, was die Anfälligkeit einer Region unterstreicht, die so viel Gas exportiert wie der wichtigste europäische Pipelineversorger Norwegen. Trotz dieser Herausforderungen behaupteten sich die europäischen Energiemärkte im Juli gut, sodass sich die extrem hohen Preise früherer Hitzewellen nicht einstellten. Darüber hinaus setzte Europa die Auffüllung seiner Gasvorräte mit beschleunigtem Tempo fort, was die Risikoprämie für diesen Winter verringerte. Dennoch verbleiben Aufwärtsrisiken.
Im Strombereich sorgte die intensive Kernenergieproduktion Frankreichs – neben einem robusten Wasserkraftoutput der Schweiz und der nordischen Länder – für systemische Flexibilität nach oben und verhinderte weitere Preisanstiege. Die französische Kernenergieproduktion erreichte in den letzten Wochen das obere Ende der Spanne von 2016-2023 und verbuchte trotz problematischer Flusstemperaturen nur leichte Einbussen. Bemerkenswerterweise wurde in diesem Juli nur ein französischer Nuklearreaktor durch hohe Flusstemperaturen beeinträchtigt. Dies bedeutete einen erheblichen Fortschritt gegenüber früheren Sommern, in denen mehrere Reaktoren in Südfrankreich Einbussen erlitten hatten. Gleichwohl warnte EDF Anfang August davor, dass vier Kernkraftwerke in Südostfrankreich hitzebedingt an Leistung verlieren könnten, und unterstrich deren hohe Empfindlichkeit gegenüber weiter steigenden Flusstemperaturen. Unterdessen stiegen die Wasservorräte in der Schweiz im Juli um mehr als zehn Prozentpunkte über den 5-Jahres-Durchschnitt, sodass die Wasserkraftnutzung zulegte. Ursache für den Anstieg dürften höhere Exporte nach Italien im Zuge der Ankündigung des französischen Übertragungsnetzbetreibers RTE sein, die Exporte nach Osten zu drosseln. Aufgrund dieser Entscheidung erhöhten sich die Forward-Preisspreads zwischen Frankreich und Italien für August und September. Die Temperaturen in Südosteuropa dürften in nächster Zeit über den Normalwerten verharren, was Strompreisspitzen fördern wird. Indes werden starke Niederschläge in den nordischen Ländern potenzielle Preissteigerungen begrenzen.
Ein Blick auf die Brennstoffmärkte: Dort sanken die Gaspreise aufgrund hoher Vorräte, eines erhöhten Angebots aus Norwegen und Grossbritannien und der Möglichkeit, dass der Gastransit über die Ukraine 2025 weitergehen und Aserbaidschan russische Lieferungen ersetzen könnte. Gleichwohl blieb der europäische LNG-Empfang stabil und ist weiterhin mit einem erheblichen Aufwärtsrisiko verbunden. Ursache sind die hohe Abhängigkeit des Kontinents von LNG-Importen, der Wettbewerb mit Asien bei der Wiederauffüllung für den Winter sowie die Hurrikansaison im Nordatlantik. Die Zertifikatspreise im Emissionshandelssystem der EU tendierten angesichts einer anhaltend schwachen Industrienachfrage und einer hohen CO2-armen Stromerzeugung seitwärts. Neben anderen Entwicklungen stützt ein leicht unter den Erwartungen liegendes Absatzvolumen der Innovations- und Modernisierungsfonds der EU im Jahre 2025 unseren optimistischen langfristigen Ausblick.
Nicht zuletzt dämpften erhebliche Verluste an den globalen Finanzmärkten Hoffnungen auf einen Konjunkturaufschwung. Besonders ins Gewicht fällt dabei, dass die US-Notenbank Forderungen nach umfassenden Zinssenkungen im September eine Absage erteilen dürfte. Zudem hat sich die potenzielle Ausweitung des Konflikts zwischen dem Iran und Israel zu einem Flächenbrand im Nahen Osten als erhebliches geopolitisches Risiko herauskristallisiert, das die Gaspreise aufgrund einer gedrosselten Produktion in Israel und einer höheren Nachfrage nach LNG-Importen aus Ägypten nach oben treiben könnte. Wir werden diese makroökonomischen und geopolitischen Entwicklungen neben anderen fundamentalen Marktveränderungen im Auge behalten, um ihren Einfluss auf die europäischen Energiemärkte zu bewerten und darüber Bericht zu erstatten.
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